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Kratersee
Seelandschaft (Meteorkratermuseum) Das Meteorkratermuseum in Sontheim im Stubental (Steinheimer Becken) zeigt außer den Darstellungen in der geologischen Abteilung in der paläontologischen Abteilung eindrucksvolle Fundstücke. Im Eingangsbereich des Museums empfängt den Besucher eine realistische Rekonstruktion einer Ansicht auf das Lebensbild der Miozänzeit. Das Steinheimer Becken steht tatsächlich seiner Bedeutung als paläontologische Fundstelle der als Meteoritenkrater kaum nach. Die Entstehung des Kraters schuf Voraussetzungen für einen ganz bevorzugten Lebensraum. Denn eine so reichhaltige paläontologische Fundstelle kann nur an einem Ort entstehen, der schon zu Lebzeiten der Lebewesen eine besondere Attraktivität gehabt haben muss.
Der sich nach dem Impakt bildende See, er existierte etwa eine Millionen Jahre, war eine Oase in einer Region, die mit lebensspendenden Wasserstellen nicht gerade gesegnet war. Keine Seen, keine Flüsse, dazu ein wärmeres Klima als heute und ausgeprägte jahreszeitlich bedingte Trockenheit.
So entwickelte sich im und auf dem See eine reichhaltige Tierwelt und auch die Tiere, die nur zur Tränke oder zur Jagd hierher kamen, lebten unweit davon. Auch die Flora profitierte vom See, mäßigte er doch klimatisch bedingte Extreme und schuf so ein lokales Mikroklima.
 

Tierarten

SchnappschildkröteBisher konnten die Wissenschaftler 230 verschiedene Tierarten nachweisen, davon 55 Säugetierarten, 50 Vogelarten, Reptilien, Lurche, Schildkröten und alleine fast 100 Land- und Wasserschnecken... (Ein Spaß am Rande: Die Steinheimer Gärtner können bestätigen, dass heutzutage viele Arten von Nacktschnecken immer noch in Massen verbreitet sind...)
Dagegen an Fischen nur Schleie und Barben, das lag an der Isolation des Sees.
Die Flora ist insgesamt mit 90 verschiedenen Arten nachgewiesen.

 

Fundort
Bevor wir uns mit den Funden und den Deutungen genauer befassen, ist noch auf die Besonderheit der Fundorte einzugehen. Nur rund um den Zentralhügel herum fanden und finden sich die Tertiärsande mit darin eingebetteten Fossilien. Die Ursachen für diese Lokalisation sind nicht eindeutig geklärt. Zum Teil hängt dies damit zusammen, dass der Wentalfluss alle anderen Sedimente und Fossilien wegschwemmte.
Tatsache ist, dass dies mit den Sanden und Einlagerungen beim Zentralhügel nicht, oder nur in geringem Maß geschehen ist. Vielleicht bot der Zentralhügelbereich 'immer schon' besondere Voraussetzungen für die Entstehung und Bewahrung von Fossilien.
E.P.J. Heizmann (s.u.) mutmaßt, dass die Sande zu Lebzeiten der hier vorhandenen Lebewesen eine Falle für die Tiere darstellte, ein tödlicher Treibsand ('Klebsand'). Er stellte auch fest, dass alles darauf hindeutet, dass die Tiere tatsächlich auch hier verendet sind, da viele vollständige Skelette vorliegen und es keine Spuren von Flusstransport (durch den späteren Wentalfluss) an den Knochen gibt.
Von den einst rund um den Zentralhügel verteilten Sandgruben existiert nur noch die Pharionsche Sandgrube. Die anderen sind aufgefüllt und renaturiert. Die letzte offene Fundstelle ist, ihrer Bedeutung wegen, nur noch für wissenschaftliche Grabungen zugängig.
 

15 Millionen
Jahre
An dieser Stelle tut es gut, sich den Zeitraum noch einmal vor Augen zu führen, über den Fossilienbelege aus dem Steinheimer Becken vorliegen. Es ist dies 'nur' die Zeitspanne NACH der Entstehung des Sees, also von vor 15,1 Millionen Jahren bis zur Verlandung und damit dem Ende des Sees vor 14 Millionen Jahren, insgesamt ein Bereich von etwa einer Millionen Jahre. Die Zeit der Plombierung des Beckens und Ausschwemmung durch den Wentalfluss in den letzten zwei Millionen Jahren ist nicht durch paläontologische Funde repräsentiert, es 'fehlen' also 14 Millionen Jahre!
 


 

Kurze Geschichte der Paläontologie des Steinheimer Beckens

 


R. Lentilius
anno 1711

Schneckensand Erstmals taucht eine schriftliche Erwähnung Steinheims im Zusammenhang mit paläontologischen Funden im Jahre 1711 in einem in lateinischer Sprache erschienen Bericht von Rosinus Lentilius auf. Er war der Leibarzt des württembergischen Erbprinzen. Seine Beschreibung der kleinen Schnecken aus den Steinheimer Schneckensanden ist für uns heute vielleicht erheiternd, zeigt aber eigentlich nur das damalige geringe Wissen:
'...gleich Schnee erglänzen sie (die kleinen Schneckengehäuse) weiss in einem überaus ergötzlichen und gar seltenen Anblick... niemals habe ich etwas Seltsameres gesehen, womit sich die Phantasie beschäftigen könnte... So winzige Schälchen, in denen kleine Schnecken leben, sind niemals gesehen worden. Und warum erschöpft sich diese Grube wohl nicht? '
Andere Zeitgenossen meinten die Schneckengehäuse seien ein Beleg für die 'Sündflut' andere glaubten gerade darin einen Gegenbeweis dafür gefunden zu haben...
Noch mehr als einhundert Jahre vergingen, bis 1847 der Regimentsarzt A. von Klein erstmals fundierter über die Schnecken berichtete. Die Wissenschaft dankte ihm dies mit der Verwendung seines Namens bei der Namensgebung einer Unterart der Süßwasserschnecken, der Gyraulus kleini.
 

G.F. Jäger
O. Fraas
ab 1835

Ab 1835 zunächst G.F. Jäger und dann sein Nachfolger am Königlich Württembergischen Naturalienkabinett O. Fraas 1870 bauten die Sammlungen auf bzw. aus und die Veröffentlichungen dazu mehrten sich. Die Fortschritte der Erkenntnisse kamen darin deutlich zum Ausdruck: Jäger sah in den Funden noch Übereinstimmungen mit heutigen Tieren, Fraas erkannte, dass es sich um Tiere handelte, die nur damals existierten. Er konnte über Vergleiche mit heutigen, ähnlichen Tieren, ganz richtig auf ein damals wärmeres Klima schließen. Das sind spannende Schlussfolgerungen detektivischer Forschertätigkeit!
 

F. Hilgendorf
ab 1866

Im Jahre 1862 war der Student F. Hilgendorf von den Schnecken so fasziniert, dass er die Forschung darüber zu seinem Lebenswerk machte. Es ist wunderbar, wie sich manchmal die Dinge fügen: 1859 veröffentlicht C. Darwin sein Werk über die Evolutionstheorie und die 1866 von Hilgendorf veröffentlichte Arbeit über die Schnecken Gyraulus multiformis war der erste paläontologische Beleg für diese Theorie! Natürlich damals heftig und kontrovers diskutiert. Heute unumstritten und durch weitere Arbeiten, z.B. an Muschelkrebsen (Horst Janz 1992/93) bestätigt.
 

F. Berckhemer
ab 1926

Etwa ab 1926 setzte F. Berckhemer die Arbeiten von Jäger und Fraas am Naturalienkabinett fort. Er begann mit einer umfassenden Darstellung und Gliederung der bisherigen Erkenntnisse und die Ergebnisse fanden in einem Ergänzungsband der Zeitschrift Palaeontographica ihren Niederschlag.
 

E.P.J.  Heizmann
ab 1973

Zwerghirsch Wir sind endlich bei den Forschungen der Neuzeit angekommen, wenn wir uns den Arbeiten von E.P.J. Heizmann zuwenden. Auch er wirkt am Naturalienkabinett, das inzwischen in 'Staatliches Museum für Naturkunde' umbenannt wurde. Sein Verdienst ist es, dass seine systematischen Grabungen im Steinheimer Becken großflächig und schichtweise erfolgten. Dadurch sind die Funde nicht nur besonders ergiebig und durch viele vollständige Skelette ausgezeichnet, sondern es werden eigentlich erstmals ALLE Fundstücke, Schicht für Schicht, erfasst (natürlich auch pflanzliche Zeitzeugen).
In der Vergangenheit waren die Funde zum größten Teil eher zufällig und natürlich hauptsächlich auf große und auffällige Stücke konzentriert. Die vielen gefundenen Kleintiere zeigten sich als besonders wertvoll, weil sie durch ihre schnellere Entwicklungszeit viel besser als Großtiere für eine 'Feinbestimmung' der Zeitbereiche des Miozäns geeignet sind. E.P.J. Heizmann und weitere Wissenschaftler sind dabei, die reichhaltigen Funde zu bearbeiten. Eine zeitraubende Tätigkeit! Ständig erscheinen weitere Veröffentlichungen mit neuen Ergebnissen ihrer Arbeit. Man darf gespannt sein, was die Zukunft an neuen Erkenntnissen liefert...
 


 

Tier- und Pflanzenwelt vor 15 Millionen Jahren

 

Landschaft
Damit wir uns vorstellen können, welches Landschaftsbild See und Umgebung damals prägte, soll eine kurze Beschreibung vorangestellt werden. Dafür müssen wir uns klarmachen, dass es sich um einen Zeitbereich von einer Millionen Jahre handelt! Der See war in dieser Zeit vielen Veränderungen ausgesetzt.
Dominant in der Mitte des Sees beherrschte der Zentralhügel als Insel den kreisrunden See. Infolge tektonischer Hebungen und Senkungen des Albniveaus und dadurch unterschiedlicher Füllhöhen des Sees (Grundwasserhöhe) war die Insel manche Zeiten größer, andere kleiner, und auch zeitweise überflutet. In jener Zeit bauten Algen die bis zu 10m hohen Kalkriffe im Flachwasser des Zentralhügels.
Die flachen Uferzonen der Insel und am Kraterrand waren durch typische Schilf- und Wassergrasgewächse besiedelt. Die anschließenden Landbereiche zeigten feuchtigkeitsliebenden Uferwald. Mit zunehmender Entfernung zum See lichtete sich der Wald und mehr der Trockenheit angepasste Vegetation herrschte vor. Dieser Trockenwald erstreckte sich über weite Entfernungen, so dass er eine Besiedlungsbarriere für Tiere darstellte, die in der südlich gelegenen Süsswassermolasselandschaft beheimatet waren (wie Affen oder Waldelefanten). Dort lebende Tiere konnten nur vereinzelt bis zum Steinheimer See wechseln und sich hier ansiedeln.
Es war heißer als heute, subtropisch. Jedoch nicht feucht, sondern eher trocken, savannenartig.
 

Seeleben
Schleie Der typischste Bewohner eines Gewässers, der Fisch, ist in Steinheim nur in zwei verschiedenen Arten nachgewiesen. Schleie und, eher selten, Barben. Man erklärt dies damit, dass nur über von Vögeln eingeschleppte Fischeier Fische die Landbarriere überwinden konnten. Trotzdem verwundert die 'Eintönigkeit' der Fischfauna. Man sollte meinen, über die lange Existenz des Sees sollte es auch anderen Fischarten gelungen sein, auf gleichem Wege in den See zu gelangen. Offensichtlich nicht, oder die Lebensbedingungen im See waren für sie weniger günstig (Mineralreichtum?).
Daneben lebten Schildkröten im See, Wasserfrösche, Wasserschnecken, Schalenkrebse...
Von der Pflanzenwelt seien nur Laichkräuter, Brachsenkräuter, Wasserhyazinthen, Schilf und Riedgras genannt. Dann existierten die riffbildenden Algen, Armleuchteralgen, deren kleinste Stielglieder im Schneckensand zu finden sind, sowie winzige Kieselalgen (Diatomeen).
 


See und
Landleben

FroschEine Vielzahl von Tieren lebten sowohl im oder auf dem Wasser UND an Land. Dazu gehörten Krokodile, Fischotter, Biber, Landschildkröten, Sumpfschildkröten, Schlangen, Nattern, Eidechsen, Frösche. Ein Exot aus heutiger Sicht war sicherlich das Trochotherium, ein marderartiges Tier, das durch ein kräftiges Knackgebiss in der Lage war, sich von Schnecken zu ernähren.
Zusätzlich im Luftraum zu Hause waren die Wasservögel wie Enten, Schwäne, Säger (gesellig lebende Fischjäger, gute Taucher), Tölpel, Lappentaucher, Seetaucher, Kraniche, Flamingos und Triele (Schnepfenart). An anderen Vögeln existierten Greifvögel (Habichtartige), Bartvögel (Tropenvogel mit großem Kopf und dickem Schnabel mit Borstenkranz), Papageien (!)...
 


Landleben
Außerordentlich vielfältig sind die Funde von landlebenden Tieren: Angefangen beim Mastodont (Verwandter des Elefanten), verschiedene Nashornarten, dreizehiges Urpferd, Wildschweine, Wassermoschustiere, Zwerghirsche, Gabelhirsche, verschiedene Schweine, Pferdartige.
Dann 15 Arten von Raubtieren: Z.B. Säbelzahntiger, 'Amphicyon steinheimensis' (fast löwengroße Raubkatze), Marder, Bären (nur in Dachsgröße), Schleichkatzen, echte Katzen...
Kleinere Tiere: Pfeifhase, Igelartige, Hamster, Eichhörnchen, Maulwürfe, Fledermäuse, Mäuse, Schläfer, Eidechsen, Giftvipern...

Pappelblatt (populus)Von der reichhaltigen Pflanzenwelt seien nur genannt: Zürgelbaum, Schotenbaum, Pappeln, Wasserulmen, Erlen, Eichen, Nussbäume, Robinien, Götterbäume. Aus Pollenuntersuchungen sind Nadelbäume und Hartriegelgewächse belegt.

Ich möchte zum Abschluss noch einmal E.P.J. Heizmann zitieren, der in einer seiner vielen Abhandlungen folgendes feststellt:

'Durch sorgfältige Auswertung... durch viele Einzelbeobachtungen, Schlüsse, Kombinationen gelingt es so, ein zunehmend genaueres Bild der miozänen Steinheimer Landschaft und Tierwelt vor uns erstehen zu lassen, ein Bild aus einer Zeit, die nie eines Menschen Auge erblickt hat.'

 

 
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